Stefanie Klingemann
Internationales Parkett
Sommer 2023

Inspiriert durch den markanten Parkettboden der )PFÖRTNERLOGE(, der den Charakter des Ortes maßgeblich prägt, baut ihn Stefanie Klingemann im Maßstab 1:1 im Außenraum und mit anderen Materialien nach. Diese Materialien hat die Künstlerin bei Krefelder Bürger*innen gesammelt, die sie direkt angesprochen hat. Der kommunikative Prozess ist also Bestandteil des Projektes, ebenso wie der Transfer des Privaten in den öffentlichen Raum und die Verwandlung von Abfall in einer ephemeren Installation.

Für ihr Projekt in Krefeld geht Stefanie Klingemann vom Innenraum der )PFÖRTNERLOGE( aus und stülpt diesen in den Außenraum aus. Den markanten Parkettboden des Ausstellungsraums, der den Charakter des Ortes maßgeblich prägt, baut sie im Maßstab 1:1 in direktem Sichtblick der )PFÖRTNERLOGE(mit anderen Materialien nach.

Diesen neuen Parkettboden realisiert Klingemann aus Fundstücken, die in Krefeld gesammelt wurden. Dafür ging die Künstlerin wöchentlich durch die Stadt, klingelte an Haustüren und sprach Menschen an, um Holzteile und andere nutzbare Materialien zusammenzutragen, die sie dann in der )PFÖRTNERLOGE( assembliert. Die Anfragen bilden einen Anlass, mit Krefelder Bürger*innen ins Gespräch zu kommen und sie über ihre Wahrnehmung der Stadt zu befragen. Dieser Vorgang ist charakteristisch für die kommunikative und interaktive Methode der Künstlerin.

Wie sie selber über ihre Herangehensweise schreibt: "Meist in ortsbezogenen Interventionen oder in performativen Handlungen spüre ich an den Plätzen das „Verloren-Gegangene“ auf. Ich schaue stets nach dem, was vorhanden ist, arbeite demnach aus der Konstruktion, um das dem Ort innewohnende Potenzial zu zeigen und auch gerne in partizipativen Momenten zu aktivieren. Mit so wenig wie nötig so viel wie möglich zu erreichen und erlebbar zu machen ist das Ziel meines künstlerischen Handelns."

Am Ende des sechswöchigen Arbeitsprozesses steht der rekonstruierte, aus vielen Einzelteilen bestehende neue Parkettboden für einen Tag im öffentlichen Raum, und zwar auf dem Platz der Wiedervereinigung. Dort wird gesprochen, musiziert und getanzt; die leicht erhöhte Plattform aus Fundstücken bildet kurzfristig eine Fläche des Austausches und der Zusammenkunft.

Mit dieser skulptural-performativen Setzung werden Grenzen porös: Es muss keine Tür geöffnet und keine Schwelle betreten werden, um im Raum der Kunst zu sein. Zugänge entstehen. Mit ihrer sowohl symbolischen als auch konkreten Handlung entgrenzt Klingemann den Ort der Kunst und lädt zum Dialog und zur Partizipation ein.

Auszug aus der Einführung von Emmanuel Mir
„… Klingemanns Bodenversion wirkt ungleich rauer und improvisierter als ihr Vorbild. Diese Doppelung folgt nicht den Gesetzen der Perfektion, sondern denen des Bricolage, wie es Claude Lévi-Strauss beschrieben hat: Ein kreativer Akt, der sich vorhandener Materialien bedient, Zweckentfremdung zulässt und das Unfertige nicht als Mangel, sondern als (ästhetische) Qualität begreift.
Hier begegnen sich zwei Welten: Das Kunsthandwerk, das sich auf Regeln und technische Qualität stützt, und die Kunst, die mit dem Vorhandenen spielt, Ungeplantes zulässt und neue Bedeutungsebenen schafft. Der eine Boden ist eine Meisterleistung der Kontrolle – eine Komposition aus Material, Technik und Präzision. Der andere ist eine Befreiung aus diesen Normen, ein lebendiges Experiment aus dem, was zufällig verfügbar ist. Der kreative Prozess entsteht hier nicht aus Planung, sondern aus einer offenen, erfinderischen Haltung gegenüber dem Gegebenen. Es ist ein wesentliches Prinzip der Bricolage. Das Handwerk perfektioniert ein Material, indem es Regeln, Techniken und Qualitätsstandards folgt, um ein makelloses Ergebnis zu erzielen. Die Kunst hingegen hinterfragt diese Maßstäbe, indem sie Material nicht nur verarbeitet, sondern auch seinen Ursprung, seine Geschichte und seinen vermeintlichen Wert zur Diskussion stellt – und damit auch eine kritische Reflexion über Ressourcen, Wiederverwertung und gesellschaftliche Wertzuschreibungen öffnet…“

Zur Künstlerin
Stefanie Klingemann (1977, Moers) lebt und arbeitet in Köln. Sie studierte an der Kunstakademie Münster und Kunsthochschule für Medien Köln. Ihr medialer Arbeitsschwerpunkt liegt auf Skulptur und Performance im öffentlichen Raum. Sie ist seit vielen Jahren in Solo-Ausstellungen vertreten, z. B. in der Kunsthalle Baden-Baden, im Kunstverein Ahlen oder im Kunstverein Bielefeld. Sie nahm an Stipendienaufenthalten u.a. in Hafnarborg (Island), in der Villa Casa Baldi, Olevano Romano (Italien) oder im Schloss Balmoral, Bad Ems, teil und erhielt für ihr Werk zahlreiche Kunstpreise.
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